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Sperrkonto für Hilfszahlungen



Mittwoch, 17. Oktober 2012

Sperrkonto für Hilfszahlungen

Straffe Zügel für Athen


Die Hinweise verdichten sich, dass Athen mit weiteren Milliarden gegen die Pleite rechnen kann. Berlin aber pocht auf ein Sperrkonto ohne Zugriff Athens. Die Troika schließt derweil ihre Verhandlungen ab. In den Kernfragen sind sich die Gläubiger mit Griechenland zwar einig, eine Vereinbarung wird aber nicht erzielt.

Deutschland will bei den Milliarden-Rettungshilfen für Griechenland die Zügel straffer anziehen. Wie aus Koalitionskreisen in Berlin verlautete, strebt Berlin bereits mit der Auszahlung der nächsten Kredittranche von 31,5 Mrd. Euro ein Sonderkonto mit schärferen Kontrollmechanismen durch die Europäer an. Auf das Sperrkonto soll die Athener Regierung keinen Zugriff haben.

"Wir wollen jetzt eine Lösung, die hält", hieß es. Damit verdichten sich auch Hinweise darauf, dass die nächste Hilfszahlung an Athen im November auch tatsächlich fließt. Noch fehlt allerdings ein positiver Bericht der Troika. Berlin hatte zuletzt bekräftigt, Athen im Euro-Raum halten zu wollen.

Troika kontrolliert
 

Ziel ist es dem Vernehmen nach, dass Athen das erhaltene Geld nicht nach eigenen Vorstellungen ausgeben kann und vorrangig seine Schulden bei den internationalen Kreditgebern bedient. Kommt Athen mit dem Geld nicht aus, muss es selbst die Lücke füllen. Kontrolliert werden sollte dies entweder von der Troika der Geldgeber, der Europäischen Zentralbank oder dem EU-Währungskommissar.

Neu ist die Idee eines Athener Sonderkontos nicht. Deutschland und Frankreich hatten dies zum vorrangigen Schuldenabbau schon im Februar angestoßen. Im Zuge des zweiten Rettungsprogramms hatte Athen zugesagt, dass aus den quartalsweisen Kredittranchen auch Beträge nur zum vorrangigen Schuldendienst auf ein Sonderkonto bei einer griechischen Zahlstelle fließen sollten. Nun geht es darum, dass der Zugriff der Athener Regierung weitgehend verhindert wird.

Ein solches verschärftes Sperrkonto ist nicht leicht umzusetzen. Auch macht ein solches Konto nur Sinn, wenn ein Land einen sogenannten Primärüberschuss erzielt - also ein Haushaltsplus ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen für bisherige Kredite.

Mit Blick auch auf Spanien hieß es, sollten sich Ansteckungsgefahren durch Griechenland verstärken, seien vorsorgliche Kreditlinien des Rettungsfonds ein Ausweg. Ein solches Instrument des Hilfsfonds ESM und seines Vorgängers EFSF gibt es bereits.

Weitere Diskussionen nötig
 

Die "Troika" der internationalen Geldgeber hat derweil fürs Erste ihre Verhandlungen in Athen abgeschlossen. Es gebe mit den griechischen Behörden zwar Einigkeit über die meisten Spar- und Reformvorhaben, doch weitere Diskussionen seien nötig, berichtete die EU-Kommission in Brüssel.

Eine Vereinbarung auf Beamtenebene ("staff level agreement") sei für die nächsten Tage geplant. Es gebe auch Gespräche über "Finanzierungsthemen" zwischen den Geldgebern und Athen. Die Troika-Delegation werde nun aus Athen abreisen. Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras zeigte sich optimistisch, das die Einigung schnell erzielt werden könne. Ein griechischer Regierungsvertreter räumte ein, bei den geforderten und im Land heftig umstrittenen Job-Reformen lägen beide Seiten noch auseinander.

Genaue Angaben dazu, wie viel Geld Griechenland einsparen muss, wurden nicht gemacht. In den vergangenen Wochen waren immer wieder 13,5 Mrd. Euro für die kommenden beiden Jahre genannt worden. Gelöst werden müssten im Grunde nur noch "technische Fragen" zu bestimmten Reformaspekten und einzelnen Sparmaßnahmen, sagte ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn lediglich.

Ungelöst ist aber nach wie vor die große Frage, ob Griechenland für seine Sparziele mehr Zeit bekommt. Denn diese Frage wird auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs entschieden und nicht durch die Troika-Inspektoren. Ein Aufschub würde jedoch noch einmal mehr Geld kosten, das EU und IWF nach Griechenland überweisen müssten. Finanzminister Yannis Stounaras schätzt den Bedarf seines Landes auf 12 Mrd. Euro, in EU-Kreisen geht man von bis zu 25 Mrd. Euro aus.

Ein positiver Bericht der Troika aus Vertretern von EU-Kommission, IWF und EZB ist Voraussetzung für die Auszahlung der nächsten Hilfstranche an das pleitebedrohte Euro-Land. Der EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel wird keine Entscheidungen zu Griechenland treffen können, da der Bericht der Geldgeber fehlt. Derzeit wird in Brüssel davon ausgegangen, das Griechenland die Tranche frühestens im November ausgezahlt bekommt.

Griechenland durchlebt die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg und steckt das fünfte Jahr in Folge in der Rezession. In den Verhandlungen mit der Troika steht die Regierung daher erheblich unter Druck: Mehr als ein Viertel der Bevölkerung ist ohne Job. Am Mittwoch legten Journalisten aus Protest gegen schärfere Einsparungen die Arbeit nieder. Am Donnerstag droht das öffentliche Leben wegen eines erneuten Generalstreiks weitgehend zum Erliegen zu kommen. Ein Austritt Griechenlands ("Grexit") aus der Eurozone könnte nach Einschätzung von Experten die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen.
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